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Speichelmanagement bei Dysphagie

  • Autorenbild: Nora Eiermann
    Nora Eiermann
  • vor 3 Tagen
  • 4 Min. Lesezeit

Hyposalivation, Xerostomie, (Pseudo-)Hypersalivation


Warum Speichel wichtig ist

Speichel übernimmt im Alltag viele unbemerkte, aber sehr wichtige Aufgaben:

Er hält Mund und Rachen feucht, schützt die Zähne, unterstützt beim Schmecken und erleichtert das Sprechen.

Vor allem aber ist er entscheidend für das Schlucken. Gerät der Speichelhaushalt aus dem Gleichgewicht - sei es durch zu wenig (Hyposalivation) oder zu viel Speichel (Hypersalivation) - kann dies das Wohlbefinden stark beeinträchtigen. Im Rahmen einer Dysphagie können Probleme mit dem Speichelmanagement auftreten.


 

Zu wenig Speichel (Hyposalivation) & Mundtrockenheit (Xerostomie).

 

Was ist der Unterschied?

Xerostomie bezeichnet das subjektive Gefühl eines trockenen Mundes.

Hyposalivation ist die objektiv messbare Unterproduktion von Speichel.

Beide Zustände können gemeinsam auftreten, müssen es aber nicht.

 

Ursachen

  • Medikamente: Arzneimittel wie Antidepressiva, Diuretika, Antihistaminika, Antihypertensiva

  • Autoimmunerkrankungen

  • Karzinombildung (sowie Chemotherapie und/oder Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich)

  • Alter/hormonelle Veränderungen

  • Mundatmung

  • Dehydration

  • orale Inaktivtität

  • Rauschmittel, übermäßiger Alkoholkonsum, starkes Rauchen

  • psychogene Faktoren (Angst, Stress)

  • Umweltfaktoren (z.B. trockene Raumluft)

 

Typische Anzeichen

  • Betroffene klagen häufig über ein trockenes oder brennendes Gefühl im Mund. Der vorhandene Speichel wird oft als sehr zäh wahrgenommen.

  • Das Kauen und Schlucken von trockenen Speisen fällt schwer und kann schmerzhaft sein, auch der Geschmack kann sich verändern. Im Extremfall kann dies zu Appetit- und Gewichtsverlust führen.

  • Auch beim Sprechen können Schwierigkeiten entstehen, sodass das Sprechen anstrengt und die Sprechdeutlichkeit beeinträchtigt ist.

  • Zudem steigt das Risiko für Infektionen der Mundschleimhaut, Parodontitis und Karies sowie Mundgeruch.

  • Es können Risse (Fissuren) in Zunge, Lippen und Mundwinkeln entstehen, die Mundschleimhaut ist häufig gerötet.

  • Möglicherweise sitzen/haften Zahnprothesen nicht mehr

 

Was helfen kann

Achtung: Die Schlucksicherheit muss stets gewährleistet sein!

Die hier vorgestellten Maßnahmen sollten nur in Absprache mit der behandelnden therapeutischen Fachkraft umgesetzt werden, um eine Abstimmung auf die individuellen Dysphagiesymptome zu ermöglichen.

  • regelmäßiges Trinken

  • Spülen der Mundhöhle

  • regelmäßige Mundpflege, insb. bei oraler Inaktivität

  • Lutschen von zuckerfreien Kaugummis, Lutschpastillen oder Eis-Chips

  • Einsatz von Speichelersatzmitteln (befeuchtende Sprays oder Gele)

  • Kostanpassung: Anreicherung der Nahrung durch Soßen & Brühen, Verzicht auf zu trockene Speisen. (Allerdings: Kauaktive Speisen regen den Speichelfluss an -> in Abhängigkeit der individuellen, dysphagie-spezifischen Ernährungsempfehlungen kein Verzicht auf zu kauende Lebensmittel.)

  • evtl. Medikationsanpassung

  • (logopädische) Übungen/Behandlung zur Stimulation der Speicheldrüsen und Verbesserung der Schluckfunktion

 

 

Zu viel Speichel (Hypersalivation/Pseudo-Hypersalivation/Sialorrhö)

 

Ursachen

  • In vielen Fällen ist nicht die Überproduktion selbst das Problem, sondern eine erschwerte Kontrolle des Speichels -> man spricht dann von Pseudo-Hypersalivation. Insb. bei Dysphagien im Rahmen von neurologischen/neurodegenerativen
 Erkrankungen wie Schlaganfall, Zerebralparese, Parkinson oder ALS ist die Speichelkontrolle häufig eingeschränkt und die Speichelschluckfrequenz herabgesetzt.

  • Auch bei tumorbedingten Beeinträchtigungen der schluckrelevanten Strukturen können Schwierigkeiten im Speichelmanagement entstehen.

  • Nicht zuletzt kann eine Hypersalivation als medikamentenbedingte Nebenwirkung auftreten.


Typische Anzeichen

  • unwillkürlicher Austritt von Speichel aus dem 
Mund

  • Hautreizungen an den Mundwinkeln, feuchte Kleidung im Halsbereich

  • häufiges Husten als Zeichen für Eindringen von Speichel in die oberen Atemwege

  • Unfähigkeit, den vorhandenen Speichel abzuschlucken

  • Verringerung der Sprechverständlichkeit durch "feuchte Aussprache"

  • Subjektives Missempfinden durch eingeschränkte Speichelkontrolle

  • Eine Hypersalivation wird oft als sehr unangenehm wahrgenommen. Insbesondere in sozialen Interaktionen fühlen sich Betroffene häufig unwohl und sind sich der Außenwirkung der Hypersalivation sehr bewusst.

 

Was helfen kann

  • (logopädische) Übungsbehandlung zur Förderung des (aktiven) Speichelmanagements sowie zur (passiven) Regulierung der Speichelschluckfrequenz

  • Nutzung elektronischer Hilfsmittel zur Erinnerung an das regelmäßige Abschlucken von Speichel ("Schluckwecker")

  • regelmäßige Hautpflege an Mundwinkeln und Kinn, Nutzung von Hilfsmitteln wie Tüchern

  • evtl. medikamentöse Behandlung, Botolinumtoxininjektion

  • offene Kommunikation über die bestehenden
 Einschränkungen

Besonders wenn der Hypersalivation ein eingeschränktes Speichelmanagement zugrunde liegt, ist das regelmäßige Durchführen logopädischer Übungen wichtig und erfolgsversprechend.

Ziel der Übungsbehandlung (s.o.) kann sein, durch passive Stimulationstechniken die Speichelschluckfrequenz zu erhöhen und/oder durch funktionelle Verbesserung des Schluckvorgangs mehr Kontrolle über das Abschlucken des Speichels zu erlangen.

 

 

Fazit


Speichel ist wichtig für Schlucken, Sprechen und Mundgesundheit.

Zu wenig Speichel (Hyposalivation) führt zu Mundtrockenheit (Xerostomie) und daraus resultierenden Folgekomplikationen.

Ein eingeschränktes Speichelmanagement führt zu vermehrtem Speichelfluss (Pseudo-Hypersalivation) und häufigem Missempfinden.

Ursachen sind häufig verschiedene Erkrankungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten und medizinischen Behandlungen.

Viele der Beschwerden lassen sich durch logopädische Behandlung und das Umsetzen von Handlungsempfehlungen im Alltag lindern.



Exkurs: logopädische Behandlung der Pseudo-Hypersalivation - phagifit-"Schluckwecker"


Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten wurden oben im Text bereits vorgestellt. Die logopädische Übungsbehandlung ist hier von besonderer Bedeutung.

  • Therapieinhalte können einerseits die Förderung der oropharyngealen Motorik und Sensibilität sein (dies kann sowohl durch aktive Übungen, als auch durch die Anwendung passsiver Stimulationstechniken durch den Therapeuten/die Therapeutin erfolgen).

  • Andererseits spielt die bewusste Erhöhung der Speichelschluckfrequenz eine wichtige Rolle. Hierbei geht es darum, zunächst in definierten Zeitfenstern konzentriert und aktiv den Speichel abzuschlucken und sich der regulären Speichelschluckfrequenz anzunähern. In einem nächsten Schritt soll dann der Transfer in den Alltag erfolgen, d.h. die Zeitfenster, in denen das aktive Speichelmanagement umgesetzt wird, sollen sukzessive verlängert und gesteigert werden. Hierfür sind Erinnerungshilfen für das bewusste Speichelschlucken sinnvoll, um eine neue Bewegungsroutine zu etablieren.


Der phagifit-Schluckwecker stellt eine solche digitale Erinnerungshilfe dar.

  • Es handelt sich um eine Funktion innerhalb der App phagifit, mit derer eine regelmäßige Erinnerung zum Speichelschlucken per Push-Meldung auf das Smartphone/Tablet übertragen werden kann.

  • Der Schluckwecker ist individuell konfigurierbar, d.h. es lassen sich sowohl die Zeitfenster, zu denen die Erinnerung erfolgen soll, als auch die Erinnerungsintervalle (wie häufig die Erinnerung erfolgen soll) definieren.

  • Der phagifit-Schluckwecker ist innerhalb der regulären, therapiebegleitenden Nutzung der App phagifit verwendbar (zusätzliche Funktionen: individuelles Freischalten von Übungsvideos und Ernährungsempfehlungen durch die therapeutische Fachkraft), oder auch isoliert (ohne begleitende Präsenztherapie).

Sämtliche Informationen zum phagifit-Schluckwecker zur Förderung des Speichelmanagements finden Sie hier.


 


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